Die aktuelle Zollpolitik der US-Regierung unter Präsident Trump dürfte zu steigenden Preisen, wachsender Arbeitslosigkeit und einer höheren Inflation führen – mit möglichen Folgen bis hin zu einer Zahlungsbilanzkrise. Für die stark exportorientierte und spezialisierte Schweizer Wirtschaft ergibt sich daraus eine strategisch herausfordernde Lage.
Eskalation des US-China-Handelskonflikts mit globalen Risiken
Die Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China bringt erhebliche wirtschaftliche Risiken mit sich. Ein Basisszenario geht davon aus, dass die US-Wirtschaft unter dem Druck wachsender Unsicherheit und zunehmender Zollbelastungen in eine Rezession rutschen könnte. Eine solche Entwicklung hätte direkte Auswirkungen auf zentrale Industriezweige und indirekte Konsequenzen für exportstarke Länder wie die Schweiz.
Zölle bremsen Importe und treiben Preise für Industriegüter
Zölle auf Importgüter könnten zu einem drastischen Rückgang der US-Importe führen. Manche Produkte würden dadurch unwirtschaftlich, während andere – insbesondere Industriegüter – deutlich teurer würden. Besonders betroffen wäre der Handel mit Vorleistungsgütern, auf die zahlreiche Branchen angewiesen sind: Automobil, Batterien, Maschinenbau, Chemie, Möbel, Spielzeug und Metalle.
Im Basisszenario verlangsamt sich der Konsum, die Arbeitslosenquote steigt auf bis zu 6 %, Unternehmensinsolvenzen nehmen zu, und die Inflation klettert von 2,4 % im März 2025 auf etwa 4 % zum Jahresende.
Risikoszenario: Zahlungsbilanzkrise durch Vertrauensverlust in den Dollar
Ein noch gravierenderes Szenario – wenn auch weniger wahrscheinlich – beschreibt eine mögliche Zahlungsbilanzkrise. Es basiert auf der Annahme, dass das Handelsdefizit der USA derzeit durch Kapitalzuflüsse aus dem Ausland finanziert wird. Sollte jedoch das Vertrauen in den US-Dollar als globale Reservewährung ernsthaft erschüttert werden, könnten diese Finanzströme versiegen oder sich sogar umkehren.
Die Folge wäre eine Abwertung des Dollars, wodurch Importe weiter verteuert würden. Gleichzeitig würden die Renditen für US-Staatsanleihen steigen, ebenso wie die Kreditkosten – mit dem Risiko einer tiefen und langanhaltenden Rezession.
Bereits jetzt zeichnen sich erste Warnsignale ab: Der Dollar hat seit dem 2. April gegenüber dem Euro von 0,93 auf 0,88 abgewertet, die Renditen von US-Staatsanleihen sind um 50 Basispunkte gestiegen, und der Aktienindex S&P 500 hat seit Jahresbeginn 7,6 % an Wert verloren.
Selbst wenn Zölle wieder zurückgenommen, abgeschwächt, verschoben oder durch Handelsabkommen ersetzt würden – das übergeordnete Signal bleibt eindeutig: Die derzeitige US-Politik ist bereit, mit der makroökonomischen und finanziellen Stabilität der USA und der Welt zu spielen.
China mildert den Schock mit Binnenkonjunkturmassnahmen ab
Auf chinesischer Seite wird der Zollschock teilweise durch gezielte Binnenkonjunkturmassnahmen abgefedert. Diese Strategie zeigt Wirkung: 81 % des Umsatzes der chinesischen Industrieunternehmen stammen aus dem Inland, während direkte Exporte in die USA nur 2,7 % ausmachen.
Auf fiskalischer Ebene könnte sich die wirtschaftliche Unterstützung künftig noch stärker auf nachfrageorientierte Massnahmen konzentrieren.
China sucht neue multilaterale Handelspartner
Ein weiteres Risikoszenario zeigt sich in der Möglichkeit, dass sich der Handelskonflikt auf andere Wirtschaftspartner ausweitet. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, sucht China die Annäherung an exportorientierte Volkswirtschaften, die dem Multilateralismus verpflichtet sind – etwa Japan, Südkorea, Südostasien und Europa.
Diese Strategie erscheint angesichts der unberechenbaren US-Zollpolitik als sinnvoll. Doch um das Vertrauen dieser Länder zu gewinnen, muss China auch auf Bedenken hinsichtlich unfairer Handelspraktiken, insbesondere Dumpingvorwürfe, eingehen.
Die Schweiz zwischen den Fronten: Risiken für den Exportstandort
Die Schweiz befindet sich in einer sensiblen Position zwischen den beiden globalen Wirtschaftsmächten. In den letzten Jahren ist der Anteil der Schweizer Exporte nach China kontinuierlich gestiegen – auf 11 % im Jahr 2023. Die USA machten im selben Jahr trotz leichter Abschwächung 15 % der Exporte aus.
Die am stärksten vom Zollschock betroffenen Branchen – chemisch-pharmazeutische Produkte, Präzisionsinstrumente (inklusive Medtech), Metalle und Metallwaren – stehen für über 60 % der gesamten Schweizer Exporte. Diese starke Abhängigkeit macht die Schweizer Aussenwirtschaft besonders anfällig für globale Handelsstörungen.
Handlungsempfehlung: Schweizer Unternehmen müssen global umdenken
Angesichts der zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten ist es für Schweizer Unternehmen entscheidend, proaktiv zu handeln. Die Diversifikation der Exportmärkte, der Ausbau multilateraler Handelsbeziehungen sowie Investitionen in Innovation und Resilienz sind Schlüsselstrategien, um auch in einem volatilen globalen Umfeld erfolgreich zu bleiben.