Apples und Nvidias Billonen-Dollar-Zusage: mehr Rhetorik als Reshoring-Revolution

Apple und Nvidia, die beiden grössten Unternehmen weltweit nach Marktkapitalisierung, haben über eine Billion US-Dollar für die US-amerikanische Zulieferkette im Elektronikbereich zugesagt und zeigen sich als strategische Verbündete bei den Bemühungen um Neuverlagerung und industrielle Unabhängigkeit. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass diesen politisch symbolischen Gesten die angekündigten echten Reshoring-Veränderungen fehlen, und sie dazu noch verborgene wirtschaftliche und geopolitische Risiken bergen.

Hochkarätige Versprechen mit einer beschränkten Auswirkung?

Wenn wir die Ankündigungen jenseits der Schlagzeilen genauer untersuchen, stellen wir fest, dass diese Billionen-Dollar-Ankündigungen Kapitalinvestitionen mit umfassenderen Betriebskosten, Lohn- und Gehaltskosten sowie langfristigen Beschaffungsverträgen verschmelzen. Manche Massnahmen sind ausserdem in Wirklichkeit zuvor bekannt gegebene Initiativen in neuer Verpackung verpackt oder Projekte, die wahrscheinlich unabhängig vom politischen Kontext vorangekommen wären. Man sollte auch nicht vergessen, dass weder Apple noch Nvidia direkt grössere Produktionswerke betreiben, was heisst, das die momentanen Investierungen vor allem von Auftragnehmern und Zulieferern ausgeführt werden.

 

Eher politische Signale als eine industrielle Umwandlung

Die Zusagen spiegeln eine strategische Positionierung wider, die darauf abzielt, günstige Konditionen von der Trump-Administration zu erhalten, insbesondere in Bezug auf:

  • Der Erhat des CHIPS and Science Act, der für die Finanzierung und Steueranreize von entscheidender Bedeutung ist, und der Apple und Nvidia indirekt durch die Stärkung der inländischen Halbleiterproduktion zugutekommt.
  • Die Reduktion des potenziellen Risikos eines geplanten 25-prozentigen Importzolls auf Halbleiter, da taiwanesische Halbleiter für Nvidias KI-Chip-Angebot von entscheidender Bedeutung sind.
  • Der Abbau erweiterter Exportbeschränkungen für hochwertige US-Halbleiter, die derzeit den Marktzugang einschränken und das Risiko einer raschen Verbreitung konkurrierender, auf China ausgerichteter KI-Ökosysteme bergen.

 

Das geopolitische Glücksspiel könnte für die US-Technologiegiganten nach hinten losgehen

Obwohl diese Zusagen aufgrund ihrer Unverbindlichkeit scheinbar ein geringes Risiko darstellen, könnten sie dennoch schwerwiegende geopolitische Auswirkungen haben. Die Herstellung von Halbleiter erfordert auf die Dauer Stabilität und politische Klarheit anstatt politischen Symbolismus. Indem sie sich öffentlich der Neuverlagerungs-Rhetorik der Trump-Administration anschliessen, riskieren Apple und Nvidia Gegenreaktionen internationaler Partner. Da der Grossteil ihres Umsatzes auf globalen Märkten erzielt wird, könnten potenzielle Vergeltungsmassnahmen – wie die jüngsten chinesischen Ermittlungen gegen Nvidia und Intel wegen wettbewerbswidriger Praktiken – ihre Marktpositionen erheblich schädigen.

 

Hinter den Schlagzeilen einer Neuverlagerung: tiefgehende strukturelle Herausforderungen

Diese Ankündigungen überschatten andauernde, zugrunde liegende Herausforderungen in der Halbleiter-Herstellung in den Vereinigten Staaten. Die Erfahrungen von Samsung und TSMC, die über 30 Milliarden USD in neue Werke in den Vereinigten Staaten investiert hatten, zeigen die Hindernisse auf: Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, Schwächen des örtlichen Zulieferer-Ökosystems, starke Abhängigkeit von importierten Maschinen und Experten. Das TSMC-Werk in Arizona wurde ein Jahr später als geplant geöffnet und hat 30-50 % höhere Betriebskosten als die Fabriken in Taiwan. Das Samsung-Werk in Texas ist ähnlichen Verzögerungen ausgesetzt. Eine restriktive Immigrationspolitik, die unsichere Handelsdynamik und eingeschränkte Bildungsmassnahmen unter der Regierung Trumps tragen kaum dazu bei, diese systemischen Probleme zu lösen.

 

Eine riskante Wette: Vernachlässigung von Legacy-Chips und Überinvestition in KI

Die aktuellen Versuche zur Neuverlagerung bevorzugen KI-Chips, die derzeit von Grossfirmen wie Meta, Microsoft, Amazon, und Alphabet stark nachgefragt werden. Obwohl diese Anlagen den direkten Bedürfnissen der KI-Infrastruktur zugutekommen, übersieht das enggesteckte Ziel die Verletzlichkeiten des Chipmangels von 2021-2022. Legacy-Chips – kostengünstige, unverzichtbare Komponenten für die Automobil- und Industriebranche – machen rund 70 % des weltweiten Halbleitervolumens aus, sind aber in Reshoring-Strategien weitgehend ausgeklammert. Chinas wachsende Dominanz in der Legacy-Chip-Fertigung (40 % weltweit gegenüber nur 7 % in den USA) erhöht die strategischen Risiken. Gleichzeitig könnte ein Stagnieren oder eine Verschiebung der KI-bezogenen Nachfrage dazu führen, dass neu errichtete KI-orientierte Anlagen schnell unterausgelastet werden und ehrgeizige Investitionen in kostspielige Überkapazitäten umgewandelt werden.

 

Die Neuverlagerungs-Rethorik verdeckt tiefere Probleme: der Rückgang der amerikanischen Halbleiter-Industrie

Trotz der Begeisterung für Neuverlagerungen bleiben grundlegende Fragen unbeantwortet: Warum hat die US-Halbleiterproduktion ihren Wettbewerbsvorteil eingebüsst, und warum benötigt sie nun erhebliche öffentliche Subventionen, um sich zu erholen? Der Niedergang der Branche ist teilweise auf strategische Entscheidungen grosser US-Unternehmen wie Apple, Nvidia und Google zurückzuführen, die auf globale Effizienz setzten – Beschaffung in Asien und Europa, Produktion im asiatisch-pazifischen Raum und in Mexiko und globale Gewinne. Ironischerweise profitieren diese Unternehmen nun von den Anreizen zur Neuverlagerung, obwohl sie nie stark von der heimischen Produktion abhängig waren. Die Neuverlagerungs-Agenda birgt die Gefahr, wichtige internationale Partnerschaften zu untergraben, von denen der globale Erfolg dieser Unternehmen weiterhin abhängt.

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