Incoterms verstehen: Leitfaden zu den wesentlichen Regeln des internationalen Warenhandels

Im internationalen Handel tätige Unternehmen sind bestens mit den Incoterms vertraut: Diese regeln die Pflichten von Verkäufer und Käufer bei Handelsgeschäften. Diese Standards sind notwendig, um die Geschäftspraktiken zu harmonisieren, zumal die Auslegungen der Verkaufs- oder Einkaufsbedingungen von Land zu Land oft variieren. Werfen wir also einen genaueren Blick auf die Details dieser allgemeingültigen Handelsklauseln.

Was sind Incoterms?

Die Incoterms (International Commercial Terms) wurden 1936 von der Internationalen Handelskammer (ICC) eingeführt, um internationale Handelsgeschäfte zu regeln. Sie legen insbesondere fest, wie die Verantwortlichkeiten bezüglich Transport, Versicherungen, Zollformalitäten sowie Gefahrenübergang zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt werden. Diese allgemein anerkannten Klauseln gelten ausschliesslich für den physischen Warenverkehr.

Die Incoterms geben Antworten auf wichtige Fragen:

  • Wer übernimmt die Kosten für die Auslieferung und die Versicherung?
  • Wer kümmert sich um die Zollformalitäten und die Einführungskosten?
  • Wann und wie kommt es zurm Gefahrenübergang?

In der Regel ist der Verkäufer dafür zuständig, den anwendbaren Incoterm festzulegen und auf seinen Geschäftsunterlagen anzugeben, insbesondere auf den Rechnungen.

 

Weshalb sollen Incoterms angewendet werden?

Die Incoterms bieten Unternehmen, die im internationalen Handel tätig sind, zahlreiche Vorteile:

  1. Klärung der Verantwortlichkeiten: Sie legen die Pflichten aller Parteien fest und schränken so Missverständnisse ein.
  2. Verringerung von Rechtsstreitigkeiten: Diese standardisierten Bedingungen minimieren Konflikte aufgrund von kulturellen oder sprachlichen Unterschieden.
  3. Kostenoptimierung: Indem sie die Verantwortlichkeiten klar ausformulieren, erleichtern sie die Verwaltung der Logistikausgaben.
  4. Gesetzeskonformität: Die Anwendung der Incoterms gewährleistet die Einhaltung von internationalen Handelsstandards.
  5. Vereinfachung von Verhandlungen: Sie geben einen klaren gemeinsamen Rahmen vor und beschleunigen so Vertragsverhandlungen.

 

Die 11 Incoterms im Detail

Die Incoterms lassen sich je nach verwendeter Transportart in zwei grosse Kategorien aufteilen:

  • Incoterms, die für alle Arten von Transportmitteln gelten: EXW, FCA, CPT, CIP, DAP, DPU, DDP
  • Incoterms, die nur für den See- und den Binnenschiffstransport gelten: FAS, FOB, CFR, CIF

Incoterms, die für alle Arten von Transportmitteln gelten

  • EXW (Ex Works oder «Ab Werk»): Der Verkäufer stellt die Waren an einem festgelegten Datum in seinen Räumlichkeiten zur Verfügung. Der Käufer übernimmt den gesamten Auslieferungsprozess, insbesondere die Organisation und die Bezahlung des Transports, die Einfuhr- und Ausfuhrabfertigung sowie jegliche damit verbundenen Gebühren und Steuern. Ab Bereitstellung der Waren trägt der Käufer auch das gesamte Risiko.
  • FCA (Free Carrier oder «Frei Frachtführer»): Der Verkäufer liefert die Waren einem vom Käufer benannten Frachtführer und übernimmt die Ausfuhrformalitäten und -gebühren.  Ab Übernahme der Waren durch den Frachtführer trägt der Käufer die Kosten und das Risiko.
  • CPT (Carriage Paid To oder «Frachtfrei»): Der Verkäufer übernimmt die Kosten für den Transport bis zum vereinbarten Ort.  Das Risiko geht jedoch umgehend an den Käufer über, sobald die Waren dem ersten Frachtführer übergeben worden sind.
  • CIP (Carriage and Insurance Paid To oder «Frachtfrei versichert»): Hier gelten die gleichen Bedingungen wie beim CPT, es kommt für den Verkäufer jedoch die Pflicht dazu, eine Versicherung vorzuweisen, die den Verlust oder die Beschädigung der Waren während des Transports abdeckt.
  • DAP (Delivered At Place oder «Geliefert benannter Ort»): Der Verkäufer übernimmt die Transportkosten und das Risiko bis zum vereinbarten Lieferort, er kommt jedoch nicht für die Zollformalitäten bei der Einfuhr auf.
  • DPU (Delivered at Place Unloaded oder «Geliefert benannter Ort entladen»): Der Verkäufer verwaltet den Transport und das Entladen der Waren am vereinbarten Ort. Dies ist der einzige Incoterm, der den Verkäufer dazu verpflichtet, die Entladung durchzuführen. Die Zollformalitäten für die Einfuhr und die entsprechenden Gebühren fallen zulasten des Käufers.
  • DDP (Delivered Duty Paid oder «Geliefert verzollt»): Der Verkäufer übernimmt alle Gebühren und Formalitäten, einschliesslich der Zollabgabe, bis zur finalen Auslieferung der Waren am vereinbarten Ort.

Incoterms, die nur für den See- und den Binnenschiffstransport gelten

  • FAS (Free Alongside Ship oder «Frei Längsseite Schiff»): Der Verkäufer kümmert sich um den Transport der Waren bis zum Verschiffungshafen und erledigt die Ausfuhrformalitäten. Der Käufer trägt die Kosten und und das Risiko, sobald sich die Waren auf dem Verladesteg befinden und zum Verladen bereit sind.
  • FOB (Free On Board oder «Frei an Bord»): Der Verkäufer übernimmt auch das Verladen der Waren an Bord des Schiffs.  Sobald das Verladen abgeschlossen ist, trägt der Käufer die Kosten und das Risiko geht an ihn über.
  • CFR (Cost and Freight oder «Kosten und Fracht»): Der Verkäufer übernimmt die Frachtkosten bis zum Bestimmungshafen, ausschliesslich des Entladens. Die damit verbundenen Abgaben und Steuern gehen zu seinen Lasten, aber der Gefahrenübergang erfolgt, sobald die Waren auf dem Schiff verladen sind.
  • CIF (Cost, Insurance and Freight oder «Kosten, Versicherung und Fracht»): Hier gelten ähnliche Bedingungen wie beim CFR, doch der Verkäufer schliesst zusätzlich eine Transportversicherung ab. Diese Versicherung muss mindestens den Preis der Ware zuzüglich 10 % abdecken.

 

EXW: Der ideale Incoterm für Verkäufer!

Wenn Sie planen, Waren ins Ausland auszuführen, und es Ihre Verhandlungen erlauben, sollten Sie den Incoterm EXW (Ex Works) wählen. Diese Option ist für den Verkäufer besonders vorteilhaft, denn sie beschränkt Ihre Haftung bei der Vorbereitung der Ausfuhrpakete in Ihren Räumlichkeiten und entbindet Sie so von jeglichen anderen logistischen Pflichten.

 

Die Incoterms entwickeln sich weiter und passen sich dem weltweiten Handel an

Die Regeln des internationalen Handels verändern sich, um mit dem Wandel des Markts Schritt zu halten. Nach den Incoterms 2010 wurde 2020 eine neue Version veröffentlicht, die nach wie vor als Norm gilt. Es ist jedoch noch immer möglich, auch die Incoterms 2010 zu verwenden, vorausgesetzt, dies wird in den Verhandlungen ausdrücklich angegeben, um jegliche Missverständnisse zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden.

Zu den 2020 eingeführten Änderungen gehören:

  • Die Klausel DPU (Delivered at Place Unloaded) ersetzt den ehemaligen DAT (Delivered at Terminal) und unterstreicht so die zunehmende Bedeutung von Lieferungen an verschiedene Orte wie Lagerhallen oder Fabriken statt nur an Terminals.
  • Die Klausel FCA (Free Carrier) wurde angepasst, um ein Akkreditiv als Option zu integrieren und so die Transaktionen für die Verkäufer zu erleichtern.

Die Incoterms 2020 legen einen stärkeren Akzent auf die Sicherheit der Waren und bieten eine grössere Flexibilität, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Unternehmen zu reagieren, insbesondere in Bezug auf die Versicherung und die Zollformalitäten.

 

Unterschiede zwischen Absende- und Ankunftsklauseln verstehen

Um Ihre Transaktionen zu optimieren, ist es massgeblich, die Incoterms gemäss ihrer Verwaltung von Risiken und Haftung während des Transports zu unterscheiden:

Absendeklauseln: Hier haftet der Käufer während des Haupttransports für die Waren. Diese Kategorie umfasst acht Incoterms:

  • Incoterms für alle Transportarten: EXW, FCA, CPT, CIP
  • Incoterms für See- und Binnenschiffsfahrt: FAS, FOB, CFR, CIF

Ankunftsklauseln: In diesem Fall trägt der Verkäufer die Risiken und die Kosten, die mit dem Haupttransport verbunden sind. Dies betrifft drei Incoterms: DAP, DPU, DDP

 

Wesentliche Werkzeuge für einen sicheren Handel

Die Incoterms spielen eine Schlüsselrolle für eine reibungslose Abwicklung im internationalen Handel, insbesondere angesichts der Komplexität und der Geschwindigkeit moderner Handelsströme. Indem sie die Verantwortungsbereiche der Vertragsparteien klären, minimieren sie Missverständnisse und stärken das gegenseitige Vertrauen, was zu starken, dauerhaften Geschäftsbeziehungen beiträgt.

Die Verwendung der Incoterms allein reicht jedoch nicht, um einen erfolgreichen Handel zu garantieren. Um Ihre Interessen und Ihre Gewinnspannen zu schützen, ist es zwingend nötig, auch die Bezahlung Ihrer Rechnungen zu sichern.  Rechtsstreitigkeiten mit ausländischen Gesellschaften können sich als komplex erweisen und haben einen unsicheren Ausgang.

Unsere Empfehlung, um solche Unannehmlichkeiten zu vermeiden:

Denken Sie schliesslich daran, den ausgewählten Incoterm in Ihre Allgemeinen Verkaufsbedingungen zu integrieren, um Ihre vertraglichen Pflichten zu klären.