US-Wahlen: Welche wirtschaftlichen Folgen für die Schweiz?

Die jüngsten US-Wahlen, bei denen nicht nur das Präsidentenamt, sondern auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats entschieden wurden, werden laut Coface weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen haben. Die Analysten von Coface warnen davor, dass sich die Neigung der US-Wirtschaft zur Überhitzung verstärken könnte, was sich auch auf Schweizer Unternehmen auswirken würde – insbesondere auf jene, die stark auf den amerikanischen Markt fokussiert sind.

Um diese Fragen eingehender zu beleuchten, organisierte Coface Schweiz am 31. Oktober eine Online-Diskussion mit Martin Naville, Senior Advisor der Swiss-American Chamber of Commerce, und Klaus W. Wellershoff, ehemaliger Chefökonom des Schweizerischen Bankvereins und der UBS sowie Vorsitzender von Wellershoff & Partners. Die Experten analysierten, wie sich die wirtschaftspolitischen Szenarien der US-Kandidaten auf Schweizer Unternehmen auswirken könnten.

 

Protektionistische Handelspolitik unter Trump

Laut Coface könnte eine Wiederwahl von Donald Trump eine Verschärfung der protektionistischen Handelspolitik mit sich bringen. Trump hat bereits angekündigt, Zölle auf Importe – insbesondere aus China – zu erheben, mit möglichen Steuersätzen von bis zu 60 Prozent. Langfristig könnten solche Maßnahmen die globalen Lieferketten empfindlich stören und die Kosten für amerikanische Unternehmen erhöhen, was auch für Schweizer Unternehmen, die auf stabile Lieferketten angewiesen sind, Konsequenzen hätte.

 

Strategischer Ansatz im Handel unter Harris, aber fortdauernde Spannungen

Im Gegensatz dazu hätte Kamala Harris wahrscheinlich einen strategischeren und maßvolleren Ansatz im Handel verfolgt, mit gezielten Einschränkungen, vor allem gegenüber China. Dennoch erwarten die Analysten von Coface, dass die Handelsspannungen weiter bestehen bleiben würden. Vor allem der Technologie- und Energiesektor würde stark von diesen Maßnahmen betroffen sein.

 

Inflation und Zinssätze: Möglicher Druck auf die Geldpolitik

Beide Kandidaten haben umfangreiche öffentliche Ausgaben angekündigt, was Bedenken hinsichtlich der Inflation und der Zinssätze weckt. Ein Anstieg der Inflation könnte die US-Notenbank zu einer strafferen Geldpolitik zwingen und die Zinssätze erhöhen. Trotz dieser Risiken bleibt der Dollar weltweit stark, was den USA günstige Finanzierungsbedingungen sichert. Sollte jedoch die Unabhängigkeit der Federal Reserve unter einer zweiten Trump-Regierung infrage gestellt werden, könnte dies das Vertrauen in die amerikanische Geldpolitik schwächen und die globale wirtschaftliche Unsicherheit erhöhen.

 

Schweiz im Fokus: Balance der Unsicherheiten und stabile Handelsbeziehungen

Im Rahmen der Diskussion wies Martin Naville auf Risiken für Schweizer Branchen hin, insbesondere für die Pharmaindustrie, die unter Trump besonderen Druck ausgesetzt wäre. Er sah ähnliche Risiken jedoch auch unter Harris, die den Pharmaunternehmen kritisch gegenübersteht. Naville betonte, dass für die Schweiz der Kampf um das Weiße Haus weniger entscheidend sei, da wichtige wirtschaftliche Entscheidungen im Kongress getroffen werden. Er rechnet mit einer knappen Machtbalance im Kongress, die tiefgreifende Veränderungen unwahrscheinlich macht.

 

Ein republikanisch geführter Kongress und steigende Unsicherheiten

Klaus W. Wellershoff ergänzte die Diskussion um die Möglichkeit eines republikanisch geführten Kongresses. Er vertrat die Ansicht, dass unter Trump die Unsicherheiten stark zunehmen würden, während ein Sieg von Harris für die Schweizer Wirtschaft ein stabileres Umfeld bedeutet hätte. Zudem erklärte er, dass Handelskriege unabhängig vom Wahlergebnis bedeutende Auswirkungen auf die Schweiz und ihre Handelspartner, insbesondere im Bereich der Investitionsgüter, haben könnten.

 

Stabile und dauerhafte Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz

Trotz der potenziellen Herausforderungen waren sich beide Experten grundsätzlich einig, dass die Schweizer Wirtschaft keine tiefgreifenden Einschnitte erwarten muss. Martin Naville zeigte sich von der Stabilität der Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA überzeugt, nicht zuletzt aufgrund der hohen Schweizer Direktinvestitionen. Klaus W. Wellershoff äußerte sich optimistisch und sagte: „Die amerikanische Wirtschaft ist großartig“, und die Geschäftsmöglichkeiten für Schweizer Unternehmen sollten unter beiden Kandidierenden bestehen bleiben.

Eine Aufzeichnung des Livestreams ist hier verfügbar.

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